Samstag, 20. August 2022, Waldeckische Landeszeitung
Amateurfunker aus Korbach betreiben ihr Hobby mit großer Leidenschaft
Enorme Reichweite: Bundesliga-Fußballergebnisse im brasilianischen Dschungel abseits der Zivilisation zu bekommen, ist Christoph Piorek in seiner Funkerlaufbahn auch bereits gelungen.
Fotos: Ortsverband Korbach F47 im DARC e.V./pr
Korbach – Manche Wissenschaftler, Raumfahrer, Staatsoberhäupter oder Prominente eint ein besonderes Hobby: der Amateurfunk. Er begeistert weltweit rund drei Millionen Funkamateure.
Berühmte Namen wie Marlon Brando (verstorben 2004), Priscilla Presley oder Juan Carlos I. zählten bzw. zählen dazu. Aber auch der Bundesvorsitzende der CDU, Friedrich Merz, ist Funkamateur und verfügt über ein Rufzeichen.
Die Kommunikation über elektromagnetische Wellen hat es ihnen angetan. Ursächlich sind dabei die unterschiedlichsten Gründe. Faszinierende Technik, enorme Reichweiten und eine weltweite Gemeinschaft begeistern die Funker. Das bestätigen auch die Funkamateure aus Korbach.
Der seit 1975 bestehende hiesige Ortsverband hat Technik-Fans, Funk-Spezialisten und Morse-Kenner in seinen Reihen. Vom neuesten Modell, was digitale Sendeempfänger anbelangt, bis zum bewährten Gerät Marke Eigenbau erstreckt sich die vorhandene Technik. Sowohl mobil mit transportablen, bis zu 18 Meter hohen und 80 Meter langen Antennen oder stationär aus der eigenen Wohnung heraus sind die begeisterten Funker zu jeder freien Minute im Äther unterwegs.
Fotos: Ortsverband Korbach F47 im DARC e.V./pr
Mal ist es die Suche nach einer bisher nicht erreichten Verbindung, mal wird gezielt die Kommunikation mit bekannten Rufzeichen aufgebaut, um sich auszutauschen. Auch gibt es Wettbewerbe, bei denen in einem bestimmten Zeitraum so viele Kontakte wie möglich aufgenommen werden müssen.
Vereinsmitglied Peter Ladwig aus Korbach hatte schon einmal Kontakt zum mittlerweile abgedankten spanischen König Juan Carlos I. Andere Vereinsmitglieder funkten in den 1990er Jahren mit dem König von Jordanien, Hussein I. (verstorben 1999).
Auf Englisch und ohne förmliche Anrede laufen die Gespräche. Amateurfunker duzen sich. Das gilt auch für Hoheiten, die am Sendeempfänger behandelt werden wollen wie jeder andere. Es spielt keine Rolle, über welchen Beruf, Status oder Bekanntheitsgrad ein Amateurfunker im Alltag verfügt. Am Funkgerät ist er einfach ein Mensch, der Kontakt aufnimmt und sich freut, Antworten aus allen Winkeln der Erde zu bekommen.
„Oftmals wird einem erst im Laufe des Gesprächs bewusst, wen man da offensichtlich vor sich hat“, beschreibt Peter Ladwig. Am Ende steht eine begehrte „QSL- Karte“. Dies ist eine Bestätigung der Funkverbindung, die einer Postkarte ähnelt und die Daten belegt. Für Funkamateure ist sie ein gut gehütetes Sammelobjekt.
Die Leidenschaft für das Hobby beginnt häufig in jungen Jahren und hält oft ein Leben lang. Viele der Korbacher Amateurfunker kennen noch die Zeiten, in denen es keine Handys gab.
Manche sind erfahrene Segler, für die Funk die einzige Möglichkeit war, auf hoher See zu kommunizieren. Andere haben Spaß am Tüfteln und wussten schon früh, wie Funksignale einzufangen sind.
Bereits seit fast 100 Jahren organisieren sich Amateurfunker rund um die Weltkugel und folgen ihrem Kodex. Sie helfen dabei auch, die Frequenzen von möglichen elektromagnetischen Störsignalen, welche meist von unzulänglichen Elektrogeräten ausgehen, freizuhalten.
In Deutschland vergibt die Bundesnetzagentur nach bestandener Prüfung eine hierzulande nötige Lizenz. Erst dann kann ein Funker mit offiziellem Rufzeichen das gesamte erlaubte Spektrum an Frequenzen für eigene Sendetätigkeiten nutzen.
Das Zuhören (Empfangen) ist indes ohne Genehmigung möglich. „Dazu reichen heute ein Computer, eine entsprechende Software für einen Breitband-Empfänger mit DVB-T-Stick“, wie Friedemann Heinrichs ergänzt.
„Funkamateure sind mit ihrem Equipment in der Lage, auch dann noch Verbindungen herzustellen, wenn Telefon, Handynetze, Internet und sogar das Stromnetz ausgefallen sind. Mit Telegrafie-, Sprech-, Fernschreib-, Daten-, Bild- und Videofunkverbindungen unterstützen sie in Not- und Katastrophenfällen die Bevölkerung und Behörden“, ergänzt Jens Reichhart. Er ist der Vorsitzende des Ortsverbands Korbach (F47) im Deutschen Amateur-Radio-Club e.V.
Selbst im Urlaub haben er und die anderen Mitglieder fast immer einen kleinen Weltempfänger zur Hand oder ihre portablen Funkgeräte, die für Rucksackgrößen oder Armaturenbretter in PKW auch selbst gebaut werden.
Jens Reichhart testet einen der neuesten Sendeempfänger, der in einen Kleinwagen eingebaut wurde. Foto: Marcus Althaus
Christoph Piorek betont: „Bei den Reichweiten gibt es für Amateurfunker nahezu keine Grenzen. Bis nach Neuseeland oder in die Antarktis sind die Verbindungen möglich.“ Auch Kontakte zur Raumstation ISS gibt es, wenn diese Mitteleuropa überquert. Manchmal werden von dort Fotos per Funk gesendet. „Wir betreiben auch eine digitale Relaisfunkstelle, welche weltweite Verbindungen mit einem Handfunkgerät ermöglicht. Die Funkstellen sind übers Internet miteinander verbunden“, so Reichhart.
Die Korbacher Funker haben viele Geschichten parat, wann, wo und wofür ihre Geräte schon eingesetzt wurden, ob in die Karibik oder aus dem brasilianischen Dschungel heraus: „Kurzwelle geht immer“, unterstreicht Piorek. Kurzwellen breiten sich von einem Sender über die gesamte Weltkugel aus und lassen sich dadurch auch überall empfangen, selbst in Krisen- und Kriegsgebieten. Allerdings sind die Funkamateure weltweit aktuell dazu angehalten, mögliche Hilferufe aus der Ukraine direkt ans Rote Kreuz weiterzuleiten ohne Kontakt mit dem Sender aufzunehmen, um diesen nicht als potenzielles Kriegsziel ermittelbar zu machen. ma
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